Ein Konflikt der Generationen – Die thailändische Jugendrebellion 2020

3 November 2020

Ein Konflikt der Generationen – Die thailändische Jugendrebellion 2020

von Junya Yimprasert

ACT4DEM – Action for People’s Democracy

Dieser Artikel versucht denjenigen Menschen, die die politische Situation in Thailand nur oberflächlich betrachten, einige Hintergrundinformationen in die Hand zu geben. Wir nehmen dabei die Perspektive als entschiedene Befürworter demokratischer Reformen ein. So möchten wir Öffentlichkeit erzeugen und dazu beitragen, dass die Vorgänge in Thailand, insbesondere die Handlungen der Monarchie sowie ihrer Junta, aber auch die dadurch hervorgerufenen Proteste besser verstanden werden.

Die thailändische Demokratiebewegung benötigt internationale Solidarität und Unterstützung.

Inhalt

Thailand: Ein Überblick

Demokratie 

Royaler Militarismus gegen die Demokratie

70 Jahre Unterdrückung und Gewalt

Coups und Könige

Diktator Prayut

König Maha Vajiralongkorn

Die Jugendrebellion 2020

Wo ist die Gerechtigkeit?

Thailand: Ein Überblick

Mit einer Bevölkerung von ca. 67 Millionen Menschen, die sich auf etwa 40 ethnische und sprachliche Gruppen verteilen, ist Thailand ein wichtiger Staat der Region, dessen Schicksal nicht nur die eigene Bevölkerung berührt, sondern auch die der Nachbarländer und aller ASEAN-Staaten.

Während der Kriege in Korea und Vietnam wurde Thailand von den US-Truppen als Basis genutzt. Bereits seit 1947 unterstützte die US-Militärpräsenz die Monarchie und die königliche Armee, die sich gemeinsam bemühten, den Demokratisierungsprozess zu blockieren.

Seitdem kam es zu nicht weniger als 12 Militärcoups durch monarchistische Kräfte.

Nach dem jüngsten Coup im Jahr 2014 ernannte sich General Prayut Chan-o-cha, der Chef der königlichen Armee, zum Premierminister. Bis heute – Mitte Oktober 2020 – klammert er sich an die Macht und geht gewaltsam gegen Proteste vor.

Im Oktober 2016, nach dem Tod des Königs Bhumibol (Rama IX., der 1946 geboren wurde), bestieg Kronprinz Maha Vajiralongkorn als neuer König – der zehnte der Chakri-Dynastie – den Thron. Die Dynastie herrscht seit 1782, dem Jahr, als Rama I. die Taksin-Dynastie beseitigte, indem er König Taksin und die meisten seiner Familienmitglieder töten ließ.

Die 238 Jahre unter der Chakri-Dynastie zeigen, dass Thailand eines der wenigen Länder ist, denen es noch nicht aus eigener Kraft gelungen ist, die brutale und feudale Königsherrschaft zu brechen. König Vajiralongkorn (68), der gleichzeitig Staatsoberhaupt ist, ist heute der reichste Monarch der Welt und steht in Thailand über dem Gesetz. Offenbar kennt er nur ein Interesse: Sein eigenes.

Die Dynastie, die die Rechte der Bürger auf gewaltsame Weise unterdrückt, versteht es, sich im Ausland als wohlwollende und gute Regierung darzustellen. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass die Auswahl der Botschafter auf politischer Loyalität zur Monarchie beruht.

Die thailändische Demokratie

Der Kampf um eine thailändische Verfassung begann vor etwa 120 Jahren, während der Herrschaft von Rama V. Es gelang der Monarchie allerdings, diese Bemühungen lange zu unterdrücken. Am 24. Juni 1932 kam es zu einer Militärrevolte, die die absolute Herrschaft der Dynastie vorerst einschränkte. Die Revolte wurde von jungen Offizieren der „Partei des Volkes“ (Khana Ratsadon) angeführt, die Siam – so der damalige Name des Landes – den Weg in die Demokratie eröffnen wollten. Leider erwies sich dieser Weg als äußerst schmerzhaft. Die Reise ist auch heute noch längst nicht vollendet.

Die „Partei des Volkes“ setzte sich aus führenden Beamten, Aristokraten und Militärs zusammen, die während der 1920er Jahre als Studenten in Frankreich waren und von dort den Umsturz planten.

Pridi Phanomyong, der Sohn eines Bauern, führte den politischen Flügel der Bewegung, während Oberstleutnant Phibunsongkhram den militärischen Flügel kommandierte. Siam ging damit in den frühen Morgenstunden des 24. Juni 1932 – und zunächst ohne, dass die Bevölkerung davon Kenntnis nahm – von einer absoluten zu einer konstitutionellen Monarchie über.

Die neue Regierung, die noch immer vom Militär beherrscht wurde, bemühte sich zumindest um eine vorsichtige Demokratisierung. So besagte die neue Verfassung, dass das Volk von Siam der

Souverän sei. Allerdings weigern sich die Krone und die Militärführung auch heute noch – nach 88 Jahren der Verfassung – die Souveränität des gewählten Parlaments anzuerkennen.

Royaler Militarismus gegen die Demokratie

Der erste Militärputsch gegen die neue Regierung erfolgte bereits im Jahr 1933. Allerdings schlug er, trotz der finanziellen Hilfe durch König Rama VII., fehl. Ein zweiter Putschversuch gegen die Regierung von Premierminister und Feldmarschall Plaek Phibunsongkhram im Januar 1939 scheiterte ebenfalls und führe zur Hinrichtung von 18 Verschwörern sowie zu lebenslangen oder anderen Haftstrafen.

Prinz Chainart, der Onkel König Anandas und Prinz Bumibohls erhielt eine lebenslange Straf. Obwohl der Palast Premier Phibunsongkhram unter enormen Druck setzte, Chainart freizulassen, blieb der Feldmarschall bei seiner Politik. Erst nach dem Abzug der japanischen Truppen und der Entmachtung Phibunsongkhrams wurde Prinz Chainart im September 1944 begnadigt. Als letzter überlebender Sohn Ramas V. wurde Chainart zur einflussreichsten Person innerhalb der Politik der Krone.

Am 9. Juni 1946 wurde König Ananda in seinem Bett erschossen aufgefunden, die genauen Umstände seines Todes blieben im Dunkeln. Prinz Chainart übernahm ab dem 16. Juni die Amtsgeschäfte und hatte ab dem folgenden Jahr auch den Vorsitz des Obersten Staatsrates inne. Prinz Bhumibol, Anandas Bruder, der gerade aus der Schweiz in den Palast zurückgekehrt war, übernahm die Königswürde als Rama IX.

Gerüchte, wonach er in den Tod seines Bruder involviert war, verstummten nie völlig. Am 5. Mai 1950 kam es zur öffentlichen Krönung – ein Datum, das als Zäsur gilt, da es den Beginn der systematischen Anstrengungen darstellt, die Macht der Krone wiederherzustellen.

Am Demokratiedenkmal in Bangkok, 14. Oktober 2020.

70 Jahre Unterdrückung und Gewalt

Die Wurzeln des derzeitigen politischen Chaos, der Unzufriedenheit und der massiven Proteste liegen in der Vergangenheit, insbesondere in den 70 Jahren der extremen, royalistischen Unterdrückung und Propaganda. Thailändern, die nach 1946 geboren wurden, war das Motto „Kommunisten töten! Für die Nation, den Glauben und den König!“ allgegenwärtig.

Hier eine Aufzählung der bestürzenden und traurigen Vorkommnisse, die das „Land des Lächelns“ unter der Herrschaft Bhumibols ertragen musste.

  • –  25.-28. April 1948: Etwa 400 Dorfbewohner werden von der königlich-thailändischen Polizei und der Armee ermordet.
  • –  28. Februar – 1. März 1949: Auf Befehl des Chefs der Militärjunta, Feldmarschalls Phibunsongkhrams, werden Mitglieder der „Pridi Allianz für die Demokratie“ ermordet. Vier Menschen werden verhaftet und in Handschellen abgeführt. Ihre Leichen werden später, von zahlreichen Schusswunden übersät, in einem Lieferwagen aufgefunden. Der Chef des Polizeigeheimdienstes wird auf offener Straße erschossen.
  • –  13. Dezember 1952: Auf Befehl des Chefs der königlichen Polizei, wird Tieng Sirikhan, ein ehemaliger Abgeordneter der Sakon Nakhon-Provinz, zusammen mit vier Freunden brutal ermordet. Die Leichen werden in der Povinz Kanchanaburi, 200 Kilometer vom Tatort entfernt, verbrannt.
  • –  1971-1973: Während dieser Phase der „Tötung von Kommunisten für Nation und König“ wurden alleine in der Provinz Pattalung etwa 3000 Dorfbewohner durch die königliche Armee ermordet. Die barbarischen Methoden umfassten Verbrennungen in Ölfässern und den Tod durch den Sturz von Felsen oder das Abwerfen aus Hubschraubern.
  • –  14.-15. Oktober 1973: Eine Aktion des Militärs gegen protestierende Studenten und Arbeiter führt zur Tötung von 77 Personen, überwiegend durch Schusswaffen. 847 Menschen wurden verwundet.
  • –  6. Oktober 1976: Es erfolgte ein weiterer, royalistisch-militärischer Schlag gegen die Studentenproteste. Nach offiziellen Regierungsangaben wurden 41 Studenten von Angehörigen der Armee, der Grenzschutzverbände und der promonarchischen Milizen getötet. 30 Leichen konnten identifiziert werden, bei anderen war dies aufgrund der Entstellungen nicht mehr möglich. Die 26 männlichen und 4 weiblichen Leichen wurden ihren Familien zur Verbrennung übergeben. Hunderte wurden verletzt, es kam zu 3154 Festnahmen. Tausende Menschen flohen in die Wälder, um sich der Verfolgung zu entziehen. Der Zorn über die Gewalt führte dazu, dass viele Menschen der Kommunistischen Partei Thailands beitraten und in den Untergrund gingen, bis es zu einer Immunität nach der Auflösung der Partei 1980 kam.
  • –  17.-19. Mai 1992: Bei weiteren Aktionen gegen die Opposition im Verlauf des „blutigen Mais“ wurden 45 Menschen auf den Straßen von Bangkok getötet, davon 38 durch Schüsse der Armee. Berichte weisen daraufhin, dass darüber hinaus etwa 70 Menschen „verschwanden“.
  • –  April – Mai 2010: Die nächste Welle von Schlägen gegen die Opposition erfolgt unter Premierminister Abhisit, der ausgerechnet der so genannten „Demokratischen Partei“ anghehört. Abhisit erlaubte es den Elitetruppen, durch Einführung von freien Feuerzonen, Zivilisten zu töten. 99 Menschen starben damals in Bangkoks Straßen, fast alle durch das Feuer von Armee-Scharfschützen. 2000 Menschen wurden verwundet, 470 verhaftet. Oft log das Militär auch noch zu den Todesursachen – nicht alle Opfer starben, wie behauptet, sofort, denn einige wurden zunächst verwundet und anschließend durch Kopfschuss exekutiert.

Die wenigen verfügbaren Aufzeichnungen zeigen, dass die Todeszahlen durch direkte Gewalt und die politischen Morde seit 1946 bei etwa 13000 liegen. Die tatsächliche Zahl jener, die durch die Unterdrückung und militärische Aktionen ums Leben gekommen sind, dürfte allerdings weitaus höher liegen.

Coups und Könige

Von Beginn der Monarchie an haben sich alle Chakri-Könige geweigert, die Demokratiebestrebungen anzuerkennen.

Bis in die Herrschaftszeit König Bhumibols (Rama IX.) argumentierte man, die Bevölkerung sei nicht „reif“ für die Demokratie. So präsentierte sich Bhumibol als von Gott gesandter König, der sich wohlwollend um sein Volk kümmerte – ein König allerdings, der sich nicht scheute, auf die (ebenfalls von Gott gesandten?) Armeekommandeure, die US-Armee und Umstürze zurückzugreifen.

Nahezu alle Regierungen, die aus den 28 allgemeinen Wahlen unter Bhumibols Herrschaft hervorgingen, wurden auf die eine oder andere Weise an der Vollendung ihrer vierjährigen Legislaturperiode gehindert.

In den Jahren 2006 und 2014 kam es zu den beiden vorerst letzten von insgesamt zwölf royalistischen Militärcoups. Der Umsturz 2014 hatte nur einen ein einziges Ziel: Den Übergang von Rama IX. zu Rama X. unter der Kontrolle eines loyalen Militärkommandeurs durchzuführen, so dass die Interessen und Sorgen der Bevölkerung weiterhin marginalisiert oder ignoriert werden konnten.

Diktator Prayut

Der Anführer des Umsturzes 2014, General Prayut Chan-o-cha, Kommandeur der königlich- thailändischen Armee, ließ alle Institutionen der gewählten Regierung auflösen, er verwarf die Verfassung und installierte eine Militärjunta, die sich als Nationaler Rat für Frieden und Ordnung (National Council of Peace and Order, NCPO) bezeichnete. Es erfolgte die Gründung einer Gesetzgebenden Nationalversammlung (National Legislative Assembly, NLA), die vom Militär unterstützt bzw. kontrolliert wurde; Die Hälfte der Abgeordneten wurde von Militärs gestellt, die andere Hälfte vom durch die vom Militär ausgewählte Personen. Die Funktion der NLA bestand lediglich darin, die Beschlüsse des NCPO abzusegnen, ohne sie zu hinterfragen.

Nachdem Prayut seine Uniform gegen einen Anzug getauscht hatte, ernannte er sich im August 2014 zum Premierminister. Damit wurde er vom Kommandeur der königlichen Armee faktisch zum Diktator – wie auch seine Vorgänger. Er ließ eine neue Verfassung (die 20. seit 1932) ausarbeiten und er bemühte sich, eine allgemeine Wahl zu verzögern und die diesbezüglichen, immer wütender werdenden Forderungen der Mehrheit zu ignorieren. Ziel war es, seiner Junta so viel Zeit wie möglich zu verschaffen, ihre Macht über die Bürger zu etablieren.

Nach einem ganzen Jahr der „nationalen Trauer“ um König Bhumibol, wurde Kronprinz Vajiralongkorn dessen Nachfolger. Seine erste Amtshandlung als Staatschef war es, die von der Junta erlassene, äußerst pro-monarchistische Verfassung zu erweitern und sich damit noch mehr persönliche Macht sowie persönlichen Reichtum zu verschaffen. All dies geschah, zur Bestürzung der Bevölkerung, ohne jeden Widerstand.

Prayut konnte, wegen der wachsenden Aufmerksamkeit der weltweiten Öffentlichkeit, wegen EU- Sanktionen sowie wegen der lauter werdenden Rufe nach Mitbestimmung, die Wahlen allerdings nicht länger hinauszögern.

Nach einigen Störmaneuvern erfüllte die Junta endlich den Wunsch der Bevölkerung nach einer allgemeinen Wahl. Diese fand am 24. März 2019 statt, allerdings wurden seitens der Junta sämtliche Register gezogen und alle Tricks aus dem Fundus der Monarchie angewandt, um die Opposition massiv zu benachteiligen und damit von einem Sieg abzuhalten; Die Verfassung von 2017 sah vor, den Premierminister von den von der Junta ausgewählten Mitgliedern der NLA wählen zu lassen. Darüber hinaus waren die Richter des so genannten „Verfassungsgerichts“, das ein Ergebnis der Verfassung von 1997 war, waren ebenfalls nach den Umstürzen von 2006 und 2014 von der Junta ausgewählt worden und bemühten sich entsprechend, Oppositionsparteien aufzulösen und unerwünschte Kandidaten vom Wahlprozess auszuschließen. Die Wahl war damit in jeder Hinsicht unfair.

Die Bevölkerung, die diese ermüdenden Tricks immer wieder aufs Neue beobachtet, hat zur zwei Möglichkeiten; Unterwerfung oder Protest.

Der Protest erhielt Zulauf, als es das Verfassungsgericht wagte, die Partei „Future Forward“ aufzulösen, die in der Wahl 80 der 220 Sitze in der NLA gewonnen hatte.

König Maha Vajiralongkorn

Der ehemalige König Bhumibol (1946-2016) ahnte wohl zumindest, dass sein Sohn, Kronprinz Maha Vajiralongkorn bereits einen äußerst schlechten Ruf hatte – als ein Sexsüchtiger, der mit Mafiamethoden zu Werke ging. Dennoch überwog die Tradition der Nachfolge die Bedenken.

Als Bhumibol am 13. Oktober 2016 starb, wurde Vajiralongkorn dessen Nachfolger. Die Krönung fand im Mai 2019 statt, die Kosten beliefen sich auf ca. 32 Millionen US-Dollar.

Der inzwischen 68jährige Vajiralongkorn verließ und erniedrigte seine erste Frau bereits kurz nach der Heirat. Im Jahr 1996 verbannte er seine zweite Frau und die vier gemeinsamen Söhne. 2014 stellte er seine dritte Frau unter Hausarrest und sperrte ihre Eltern, drei Brüder, eine Schwester und weitere Angehörige ins Gefängnis. 2019 heiratete er seine vierte Frau.

Nach der von ihm erweiterten Verfassung von 2014 hat sich das Staatswesen weg von der konstitutionellen Monarchie und hin zu einer absoluten Königsherrschaft bewegt.

Wie oben gezeigt, geschahen diese rückwärtsgewandten Reformen zu schnell und zu überraschend, als dass die Menschen hätten ernsthaften Widerstand leisten können; Der König hatte seine Position gestärkt, er hatte weitere Einheiten der ca. 80.000 Mann starken Königlichen Garde unter sein persönliches Kommando gestellt und sich zudem Zugriff auf die massiven Finanzquellen der Krone verschafft. Als der reichste Monarch der Welt mit einem Besitz von umgerechnet 50-60 Milliarden Euro, erhebt er dennoch Steuern in Höhe von etwa einer Milliarde, um seine Ausgaben, seine Paläste und seine sogenannten „Königlichen Projekte“ zu finanzieren.

Über dem König liegen die dunklen Schatten der politischen Morde – seit 2016 wurden neun Demokratieaktivisten, die vor der Junta ins Ausland geflohen waren, aufgespürt und von Agenten getötet.

In einem wahrlich mittelalterlichen Stil lässt der König zudem seine Gegner oder in Ungnade gefallene Untergebene in Kerker werfen und foltern. Es gibt zahlreiche solcher Berichte und alle sind schockierend. Besonders das Thawee Watthana-Gefängnis im gleichnamigen Palastgebiet in West-Bangkok hat einen sehr üblen Ruf; Die dortigen Tode werden zudem oft als „Selbstmordfälle“ dargestellt.

Heute verbringt der thailändische Staatschef die weitaus meiste Zeit mit seinem Harem und seinen ca. 100 Dienern und Bodyguards im Grand Hotel Sonnenbichl in Bayern. Im Gefolge des Königs befinden sich auch Frauen, die quasi gefangen gehalten, unter extremen Druck gesetzt und teils auch geschlagen werden. Dies Frauen sind zu eingeschüchtert um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, auch weil ihre Familien in Thailand bedroht sind.

In Thailand ist der König niemandem Rechenschaft schuldig. Niemand kann ihn anklagen, da er über dem Gesetz steht. Obwohl die meisten Thailänder wissen – oder zumindest ahnen – dass ihr neuer König brutal und kriminell ist, schreckten sie bisher aufgrund der drakonischen Gesetze der Militärjunta davor zurück, sich einer Protestbewegung anzuschließen. Sehr drastisch sind gerade die „Lèse-majesté“ Gesetze, welche vorgeben, den König vor „Beleidigungen“ zu schützen. Auch die so genannten Gesetze gegen Computerkriminalität können von der Junta dazu genutzt werden, thailändische Bürger auch wegen nichtiger Vorgänge für viele Jahre ins Gefängnis zu bringen – jede Äußerung von Disrespekt, jede Behauptung – gleichgültig ob falsch oder wahr – über den König, seine Beziehungen, Interessen oder Projekte ist hierbei gefährlich.

Während die Covid-19 Pandemie zu einer weiteren Verarmung der Bevölkerung führte, sieht der König keinen Anlass, sein Luxusleben in Deutschland abzubrechen. Er misshandelt weiterhin Frauen, verschwendet große Summen Steuergelder und schickt seine Agenten ins Ausland, um Oppositionelle töten zu lassen. Mehr und mehr begegnen die Bürger in Thailand ihrem Monarchen mit Verachtung, die sich in jüngster Zeit immer offener äußert.

Wähnt sich der thailändische König nicht nur über den Gesetzen seines eigenen Landes, sondern auch über denen seines Gastlandes Deutschland oder denen der Europäischen Union?

Glaubt er tatsächlich, sich nicht an die universellen Menschenrechte halten zu müssen?

Glaubt er, er sei außerhalb des Einflussbereichs des Internationalen Strafgerichtshofes?

Offenbar glaubt er all dies.

Eine wachsende Zahl von Menschen, vor allem die Jugendlichen in Thailand, haben ihn längst schuldig gesprochen.

Die Jugendrebellion 2020

Anfang 2020 zeigten sich wieder größere Studentenproteste auf den Straßen Bangkoks – sie demonstrierten gegen die Auflösung der „Future Forward“-Partei, der größten Opposition zur Junta, durch das Verfassungsgericht.

Die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie gab Diktator Prayut eine willkommene Gelegenheit, den Ausnahmezustand zu verhängen. Damit versuchte er, die Proteste im Keim zu ersticken. Die Geduld der Bevölkerungsmehrheit mit dem Diktator war jedoch zu Ende; Seinen Worten wurde kein Glauben mehr geschenkt und seine Taten konnten dies nicht ändern. Unter den jungen

Menschen in Thailand bildete sich die feste Entschlossenheit, General Prayut zu signalisieren, dass sein Regime illegal war und seine Vorgehensweise nicht länger hingenommen werden würde.

Am 18. Juli begannen die Jugendproteste; In ganz Thailand beteiligten sich Schüler und Studenten gegen den vom Militär verhängten Ausnahmezustand. Das gesamte Land war von der Emotionalität und der Energie der Jugendlichen elektrisiert. Zu ihren Forderungen gehörten in etwa die Abschaffung der strikten militärischen Verhaltenskodizes in Schulen sowie eine radikale Reform der Monarchie selbst.

Wo bleibt die Gerechtigkeit?

Das Land steht nun, wie sich lange zuvor abgezeichnet hat, an einem gefährlichen, aber unabwendbaren Scheideweg. Das junge Thailand stellt sich dem harten und skrupellosen militärisch-royalistischen Establishment entgegen. Hierfür benötigt es – und benötigen wir – das Verständnis, die Unterstützung und die Solidarität der internationalen Gemeinschaft.

Was kann diese aber tun, um dabei zu helfen, die berechtigten, logischen und natürlichen Ziele der Jugend zu erreichen?

Für viele Jahre war den Thailändern der Weg in die Zukunft schlicht versperrt; Denn die Allianz aus Königshaus und Militär bevormundete die Bevölkerung, zerstörte damit die Hoffnungen und Wünsche der Bevölkerung und lähmte deren Fähigkeit, sich zur Wehr zu setzen.

König Vajiralongkorn ist als ein Verächter der Menschenrechte bekannt. Er missbraucht seine Privilegien, er misshandelt Frauen auf pathologische Art, er lässt Menschen willkürlich hinrichten oder ermorden und er verfügt dank seiner Verflechtung in den Menschenhandel über etwa 10,000 Untergebene, die faktisch seine Sklaven sind. Damit ist er nicht nur ein zutiefst bösartiger Mensch, sondern vor allem als Staatsoberhaupt unerträglich.

Da den Menschen in Thailand fast jede Möglichkeit zunichte gemacht wurde, sich gegen die ungerechte Herrschaft aufzulehnen, entschieden sich ACT4DEM und PixelHELPER zu einer Zusammenarbeit in Deutschland. Gemeinsam möchten wir dafür sorgen, die Verbrechen des Königs vor einem europäischen Gericht anzuklagen.

General Prayut als Marionette der Chakri-Monarchie hätte ohne deren Einfluss keine Macht. Daher möchten wir die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in Deutschland und Europa auf die Situation in Thailand lenken. Der Bundestag, die Europäische Union, die Vereinten Nationen und alle Freunde Thailands auf der Welt müssen sich klar gegen die Grausamkeit und die Korruption des Königs wenden.

Unser Ziel ist es, den König für immer davon abzuhalten, weitere Verbrechen zu begehen und die von der Bevölkerung hart erarbeiteten Gelder für sein selbstsüchtiges Luxusleben auszugeben.

Zusammen können wir die Herrschaft der Angst besiegen!
Zusammen werden wir für einen Sieg der Gerechtigkeit sorgen!
Bitte seien Sie mutig und teilen diese unsere Botschaft.
Untenstehend findet sich unser Brief an den König vom 19. September.

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König  Maha  Vajiralongkorn Bodindradebayavarangkun

Grand Hotel Sonnenbichl

Burgstraße 97

82467 Garmisch-Partenkirchen

Deutschland

19. September 2020

Eure Majestät,

wir haben Ihnen vor drei Jahren einen Brief an ihre Münchner Adresse geschickt, in dem wir sie darum gebeten haben, die Demokratie zu achten.

Seit Sie den Thron bestiegen haben, sind vier Jahre vergangen. In dieser Zeit war die Militärregierung damit beschäftigt, die demokratischen Rechte zu unterdrücken und damit das Wohl der Menschen zu missachten – nur, um Ihrer, unter luxuriösen Bedingungen in Deutschland lebenden Majestät zu gefallen.

In unserem ersten Brief haben wir versucht, Sie darauf hinzuweisen, dass sich die Thailänder eine königliche Familie wünschen, die Demokratie und Meinungsfreiheit achtet.  Mit großer Enttäuschung mussten wir feststellen, dass die vergangenen vier Jahre nicht für demokratische Reformen, sondern zum Gegenteil – zu einer noch größeren Einschränkung unserer Menschen- und Bürgerrechte –  genutzt wurden. Wir sehen einen Monarchen, der sich absolute Macht aneignet, der das Militär, die Polizei und alle Funktionen der Regierung befehligt, der in Deutschland im Luxus schwelgt; einen Monarchen, der die persönliche Freiheit der Bürger einschränkt und wie ein mittelalterlicher Alleinherrscher davon träumt, die Schätze des Landes zu verschwenden.

Denjenigen, die diesen Wahn hinterfragen, drohen Inhaftierung oder gar Ermordung.

Je mehr Sie versuchen, durch Angst zu regieren, umso mehr wird ihre eigene Angst vor dem Volk zunehmen, und umso größer wird der Widerstand des Volkes gegen die Monarchie sein. Die Geschichte hat gezeigt, was mit bösartigen Herrschern geschieht.

Die Zahl der Menschen in unserem Land, die gegen Sie und Ihre Regierung protestieren, wächst kontinuierlich – allen voran die Zahl der Jugendlichen.

Der 19. September 2020 ist der 14. Jahrestag des Tages, an dem die königliche Armee zum elften Mail unseren demokratischen Prozess zerschmetterte, um das Volk unter der erstickenden Kontrolle der Chakri-Autokratie niederzuhalten.

Am 10. August dieses Jahres legten thailändische Studenten zehn Forderungen zur Reform der Monarchie vor:

1. Aufhebung der Immunität des Königs gegenüber Anklagen.

2.  Aufhebung der Gesetze zur „Beleidigung des Königs“ und Amnestie für die aus diesem Vorwand Verfolgten.

3. Trennung des persönlichen Vermögens des Königs von dem der Krone.

4. Reduktion des Budgets, das der Monarchie zugewiesen wird.

5. Abschaffung der königlichen Ämter und Auflösung unnötiger Institutionen.

6. Offenlegung des Vermögens der Monarchie zur Prüfung.

7. Aufhebung der königlichen Befugnisse, sich öffentlich politisch zu äußern.

8. Einstellung der monarchistischen Propaganda.

9. Untersuchung der Morde an Kritikern der Monarchie.

10. Keine erneute Unterstützung von Staatsstreichen durch den König.

Alle hoffen, dass Sie die wütenden Stimmen in Thailand vernehmen. Alle wünschen eine friedliche Lösung, um endlich das Leid der Thailänder zu beenden, denen noch immer demokratische Rechte auf gewaltsame Weise verweigert werden, nur, damit Sie ihr Dasein als reichster Monarch der Welt genießen können.

Die Menschen in Thailand fordern eine Reform und eine Beendigung der Einmischung von Monarchie und Militär in die Innenpolitik.

Die Menschen hoffen, dass Ihr Anstand über Ihre Egozentrik siegt. Die Menschen bleiben zuversichtlich, dass sie verstehen und respektieren werden, dass 70 Millionen Menschen in der Lage sind, sich selbst abzustimmen und zu organisieren. Handeln Sie entsprechend!

In Anbetracht all dessen, was vorausgegangen ist, hat ACT4DEM große Sorgen um die Zukunft nach der Abschaffung der Monarchie.

Junya Yimprasert

ACT4DEM – Action for People’s Democracy

act4dem@gmail.com